„Die Felsenkeller”

Die in den Burgberg getriebenen Felsenkeller waren nicht nur ein bestimmender Faktor für den Bergkirchweiherfolg, sondern auch die Basis des florierenden Erlanger Bierexports in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Neben den 8-9° C Grad kühlen Kellern spielten aber auch noch die untergärige Brauweise, ordnungsrechtliche Erleichterungen, wirtschaftsfördernde Maßnahmen, technische Innovationen, wie der Einsatz von Dampfmaschinen, und die frühe Anbindung Erlangens an die Ludwig-Süd-Nord-Bahn, die über Hof/Saale den Weg nach Mittel- und Norddeutschland öffnete, eine Rolle.

Die Keller entstanden ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wobei die 1968 bei einer Ortsbegehung im Tucher Keller gesichtete Jahreszahl „1675” heute leider (sofern sie authentisch war) verschwunden ist. Eine im Entlas Keller in den Sandstein gemeißelte Inschrift verweist auf das Gründungsjahr der Erlanger Neustadt mit dem sinngemäßen Text: „Das ist der erste Felsenkeller in diesem Berg, welchen Heinrich Windisch, Mälzer und Biersieder, vor dem oberen Tor hat hauen lassen, den 4. November 1686”. Nach und nach wurden in den teilweise zerklüfteten Lettenflözen durchzogenen Burgsandstein weitere Keller gegraben – auf dem Gelände der Bergkirchweih insgesamt 16 –, um immer mehr Bier auch in der wärmeren Jahreszeit bei optimalen Bedingungen lagern zu können. 1774 hatten die 13 Keller eine Lagerkapazität von 30.000 Eimern Bier, das sind etwa 20.000 Hektoliter. Auch die Restauration Windmühle westlich des Burgbergtunnels (der Name entstand im Volksmund als Pendant zu den Wassermühlen an den Werkern) verfügte über einen solchen, ebenso der Holzberger Keller (Eigentum der gleichnamigen Brauerei an der Neuen Straße 50, Ecke katholischer Kirchenplatz) östlich es Staffelwegs. Vielleicht gehört der verdeckte Stolleneingang direkt an der Bayreuther Straße zwischen Heilig Grab-Kapelle und Eisenbahntunnel zum ehemaligen Keller der Windmühle, jedenfalls war hier im zweiten Weltkrieg der Luftschutzraum für die Bevölkerung des Stadtteils Werker.

Im Laufe der Zeit entstand ein weit verzweigtes, fast ebenes Stollensystem, das meist etwa 70 bis 150 m in den Berg hineinreicht. Nur der heutige Henninger Keller wurde von der Reif Bräu 1883/84 zu einem Tunnel mit Nordeingang ausgebaut, um an kalten Wintertagen Natureis von den nahen Rudelsweihern einbringen zu können. Die in vier Gruben eingelagerten Eismassen schmolzen im Strom der durch mehrere vertikale Schächte geschickt herbeigeführten Luft ganz langsam ab. Die so entstandene Verdunstungskälte machte den Keller noch ein paar Grad kühler als die Nachbaranlagen ohne den „Eiswind”. Doch ab 1980 verloren die Burgbergkeller wegen der zunehmenden Verbreitung der künstlichen Kältekompression nach dem Carl-von-Lindeschen Prinzip zunehmend ihre Funktion als Lagerstätte für Versandbier. Der Einsatz der neuen Technologie ermöglichte es nun den Brauereien, Bier zu Idealbedingungen im eigenen Sudbetrieb zu lagern, so daß die Felsenkeller außerhalb des Festbetriebs ihre Bedeutung verloren. Die künstliche Kältetechnik war übrigens auch ab 1880 der Anlaß für die vielen Brauereineugründungen in Mittel- und Norddeutschland, die als Aktiengesellschaften gleich über genügend Kapital verfügten. So verwandelte sich der Standortvorteil der Erlanger Exportbrauereien in einen handfesten (Kosten-)Nachteil. Als sie wenige Jahre später eigene Kühlsysteme installierten (ohne zunächst ganz auf Natureis zu verzichten), waren die Märkte außerhalb des Königreichs Bayern schon größtenteils verloren gegangen.

Eine 1916/17 eingerichtete Champignonzuchtanlage nutzte die Firma Hullen ab 1923 weiter (Niklas, Hofbräu und Henninger Keller). Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs begann im Rahmen der geheimen Operationen ERNA und NORA 1 der allerdings nie vollendete Ausbau durch russische Kriegsgefangene. Hier sollten, unter Tage geschützt vor den Angriffen alliierter Bomberverbände ein Heizwerk, ein Krankenhaus und kriegswichtige Produktionsanlagen entstehen. Der vordere Teil des Henninger Kellers diente vielen Bewohnern Essenbachs und der Altstadt, die dessen Stollen ihren eigenen Kellern vorzogen, als Luftschutzraum. An die Plünderung der damals ebenfalls eingelagerten Weinbestände in den ersten Tagen nach der Befreiung durch die US-Armee erinnern gern erzählte Anekdoten.

Bereits 1718 war das Portal des heutigen Erich Kellers mit einem sog. „Lusthaus” gekrönt worden, mehrere andere Brauereien folgten diesem Beispiel. Diese „Türmchen” bzw. „Türmla” geben dem Bergkirchweihgelände heute seinen unverwechselbaren architektonischen Rahmen.